Entwicklung einer operationellen Beobachtungsstrategie von Staubauwerken mittels multi-temporaler Radarinterferometrie
Um großflächig Deformationen im Millimeterbereich zu messen, wird die fortgeschrittene interferometrische Technik der Persistent Scatterer Interferometrie (kurz: PSI) bereits in diversen Anwendungsfeldern angewendet. Dies trifft insbesondere auch auf die Anwendung bei Staubauwerken zu. Bei jenen sollen jedoch für ein operationelles Monitoring mittels der PSI Technik spezielle Eigenschaften betrachtet werden. Zum Beispiel beeinflusst die geographische Lage des Staubauwerks im Raum sowie seine Form, Größe und Landbedeckung die Sichtbarkeit der Anlage für die PSI Technik und beschränkt in bestimmten Fällen eine Anwendbarkeit der Radardaten. Um die Sichtbarkeit dieser Stauobjekte für eine Satellitenbeobachtung zu verbessern, werden in einem Projekt an der Friedrich-Schiller-Universität Jena in Zusammenarbeit mit dem Ruhrverband, erstmals auf solchen Großinfrastrukturen elektronische Corner-Reflektoren (ECR C-Band), sog. Compact Active Responder angewendet. Hierdurch soll die Sichtbarkeit der Stauobjekte verbessert werden und für jene Objekte, die normalerweise nicht mit der PSI-Technik beobachtbar wären, eine Beobachtung gewährleistet werden. Um jedoch eine sinnvolle Anbringung der ECR-Geräte zu erreichen, bedarf es der Entwicklung einer Übersichtskarte, die für jede Anlage Aussagen über die bedingte Sichtbarkeit aufgrund der bereits erwähnten beeinflussenden Faktoren liefert. Diese Karte wird basierend auf existierenden Indizes (sog. CR-Index) erzeugt und beruht sowohl auf den geometrischen Eigenschaften der Sentinel-1 Satelliten wie z.B. Einfallswinkel und Flugbahn, aber auch auf Faktoren, die sich aus einem hochaufgelösten digitalen Geländemodell zusammensetzen wie Hangneigung und Hangausrichtung. Der hieraus zusammengesetzte Wert wird zusätzlich mit Landbedeckungsinformationen fusioniert. Eine finale, in drei Klassen geteilte Ampelkarte wird anschließend basierend auf einer statistischen Analyse erzeugt. Diese drei Klassen beschreiben die Beobachtbarkeit der Bereiche von Staumauern und Staudämmen mittels der PSI-Technik in drei qualitativ unterschiedlichen Klassen von „nicht beobachtbar“ über „mittels ECR Unterstützung beobachtbar“ zu „beobachtbar“.
Auf Basis dieser Karte ist es möglich geeignete Standorte für die ECR C-Band zu identifizieren. Diese werden an diverse Staubauwerke, i.e. sowohl Staumauer als auch Staudämme, angebracht und mittels der PSI-Technik analysiert. Die Anbringung der Geräte ist aufgrund der speziellen Anforderungen von Stauobjekten mit spezifischen Herausforderungen verbunden, die sich aus den geometrischen Eigenschaften der Mauer und möglichen Störeffekten, wie Geländern oder Vegetation ergeben. Für Staudämme wurden deshalb von möglichen Störeffekten entfernt Betonfundamente gegossen und für Staumauern wurden eigens Stahlkonstruktionen, auf denen die ECR C-Band installiert werden, angebracht.
Insgesamt werden im Projekt so fünf Stauobjekte des Ruhrverbands in Nordrhein-Westfalen untersucht. Im Beitrag wird über die spezifische Erzeugung der Ampelkarte für Staubauwerke sowie über die Anbringung der ECR C-Band an den Anlagen berichtet. Im weiteren Verlauf des Projekts werden die mit ECR C-Band neu prozessierten PSI-Zeitreihen mit terrestrischen in-situ Daten validiert und mittels KI-Verfahren weiterentwickelt, um Vorhersagenmodelle über das Bewegungsverhalten der Staubauwerke zu treffen.